Phänomen Image: die Ursachen

Bei den Posts in der Kategorie «Diplomarbeit» handelt es sich um Passagen aus meiner Abschlussarbeit im Rahmen der Ausbildung zum Corporate Publisher. Die Arbeit trägt den Titel «Corporate Publishing zwischen Image und Realität».

Weshalb greifen wir zu Images? Woher rührt ihr hoher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stellenwert? ( . . . )

Image-Ursache 1: automatisierte Wahrnehmung
Images entstehen von selbst – ohne Imagepflege. Jede Organisation hat ein Image, auch wenn es nur diffus ist. Es genügen der Blick aufs Logo, ein persönlicher Kontakt oder eine Fremdmeinung. Wir machen uns reflexartig ein Bild von allem, was ins Feld unserer Wahrnehmung rückt. Wir verarbeiten die Information, ohne dies mit Absicht zu unterstützen – im Gegensatz etwa zum bewussten Lernen. Es ist ein unwillkürlicher Prozess. (3)

Image-Ursache 2: Sicherheitsbedürfnisse
Sicherheit ist ein Grundbedürfnis. In der populären (aber nicht unumstrittenen) Bedürfnispyramide des Psychologen Abraham Maslow rangiert die Sicherheit an zweiter Stelle, gleich nach den biologischen Bedürfnissen. Der Mensch sucht Sicherheit – und diese findet er (real oder vermeintlich), indem er Images konstruiert. Warum? ( . . .)

  • Ein Markenimage liefert uns konzentrierte Informationen über die Firma. Es grenzt das Unternehmen gegenüber anderen ab, sorgt damit für Orientierung und erhöht die subjektiv empfundene Entscheidungssicherheit (4). Das Image hilft uns beim Prüfen und Wählen von Alternativen. Zudem ist ein Image weniger komplex als die Realität. Das kommt uns entgegen: Wir wollen Informationen mühelos verarbeiten und Entscheide rasch fällen. Psychologen sprechen von «kognitiven Abkürzungen». Beispiel: Stimmbürger X überlegt, welche Partei er wählen soll. Er hat aber keine Zeit für eine Analyse. Er entscheidet anhand der medialen Wirkung von Kandidaten – also durch reduzierte Komplexität. ( . . . )
  • Images senden Vertrauenssignale aus und versprechen eine Problemlösung oder einen Nutzen. ( . . . )
  • Images helfen dem Menschen, seinen Platz in der Welt, Identität und Handlungsmotive zu finden. Der vermittelte Sinn muss kein metaphysischer sein. Sinnstiftend ist ein Image bereits, wenn die Firma eine bestimmte Massnahme nachvollziehbar begründet, wenn Teenager dank Markenjeans in ihrer Peergruppe Akzeptanz finden, oder wenn das Image die eigene Ansicht bestätigt. Wie stark zuweilen mit Images Sinn gesucht wird, entdeckte der Fotograf Simon Opladen im Juli 2008 in Kamerun. Dort hatten sich Kinder die Logos von Nike und Dolce & Gabbana in die Haut geritzt. (5)

Image-Ursache 3: Massenmedien – die Welt aus zweiter Hand
Der Mensch hat sich seit jeher ein Bild über die Erscheinungen in der Welt gemacht. Images gab es schon immer. Seit dem Aufkommen der Massenmedien im 19. Jahrhundert hat sich jedoch die Art, wie wir die Welt wahrnehmen, verändert. Unser Wissen über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beziehen wir heute weitgehend aus Zeitungen, Magazinen, TV, Radio und Internet. Was uns dort als «Welt» erscheint, ist eine Information aus zweiter Hand. Uns begegnet nicht die reale Welt, sondern eine vermittelte, durch redaktionelle Filter gepresste Welt. In den Massenmedien liegt nach Meinung des Autors die wichtigste Ursache der Image-Gesellschaft. ( . . . )

Image-Ursache 4: professionelle Imagepflege
Eine weitere Ursache der Image-Gesellschaft liegt in der Professionalisierung der Kommunikation. Die Kommunikationsbranche nimmt heute wie nie zuvor Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung von Institutionen. Haben Unternehmen früher das eigene Image eher dem Zufall überlassen, wird jetzt versucht, das Image mit Hilfe strategischer Markenführung systematisch aufzubauen. Firmen, Politiker und Prominente haben gelernt, erstens in Images zu denken und zweitens die Massenmedien als Image-Instrument zu nutzen. ( . . . )

(3) Vgl. Philip G. Zimbardo: Psychologie, 1988, S. 199
(4) Vgl. Franz-Rudolf Esch: Strategie und Technik der Markenführung, 2007, S. 23f.
(5)  Vgl. Der kleine Bund, 30. August 2008, S. 8

Foto: Beat Hühnli

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