Geschäftsbericht: von der Pflicht zur Kür

Gute Fotos machen den Geschäftsbericht zum attraktiven Imageträger. Die Chance bleibt oft ungenutzt.

Eintönig, ideenlos, gefühlsarm: Mancher Geschäftsbericht ist eine gestalterische Niederlage. Warum eigentlich? Wer nach einem Grund sucht, weshalb Jahres- und Geschäftsberichte oft ein blasses Bild des Unternehmens abgeben, hat vermutlich folgende Erklärung parat: Geschäftsberichte sind häufig Pflicht, und das sieht man der Publikation an. Es dominieren Zahlen und textgraue Seiten. Ein bildstarker Imageteil fehlt.

Wenn schon die Begrüssung scheitert
Beim Umblättern der ersten Seiten eines Jahresberichts landet man gewöhnlich beim Vorwort der Geschäftsleitung oder des Verwaltungsrats. Und was zeigt das Bild? Zum Beispiel dies: Männer in zugeknöpften, grauen Anzügen, in verkrampfter Körperhaltung, leicht säuerlich dreinblickend, weil der Fotograf es wagte, sie bei der Arbeit zu stören. Ihre Hände suchen verzweifelt Halt – in der Hosentasche oder am Treppengeländer. Die Farben wirken dumpf und sagen: «Es gibt nichts Öderes als unsere Firma.» Möchten wir bei diesem Unternehmen Kunde oder Investor sein? Und so als Leser begrüsst werden?

Air New Zealand: weg vom Büro
Dass es anders geht, zeigt die Air New Zealand  (Bild). VR-Präsident John Palmer lässt sich nicht im Treppenhaus oder hinter dem Schreibtisch fotografieren, sondern macht einen grossen Bogen um sein Büro. Er präsentiert sich leger gekleidet – und damit betont kundennah – in Neuseelands Natur. Seine Haltung ist offen und sicher. Der Himmel über ihm symbolisiert hohe Ziele. Bildtiefe und Horizont verraten Weitblick. Licht und Farben bekräftigen: Mir macht die Arbeit Spass. Die Investor-Relations-Abteilung der Air New Zealand zeigt hier keine Angst vor Gefühlen oder geritzten Konventionen – was die Seriosität des Eindrucks in keiner Weise beeinträchtigt.

Welches Image wollen wir?
Natürlich: Die Fliegerei ist, zumindest vordergründig, ein emotionaleres Geschäft als zum Beispiel Finanz- oder Treuhanddienstleistungen. Umso mehr sollten sich gerade Unternehmen mit abstrakten Produkten um einen Auftritt bemühen, der die Herzen der Leser erreicht, statt leichtfertig das Image des bürokratischen Molochs zu zementieren. Der Geschäftsbericht vermittelt immer ein Image – so oder so. Das Unternehmen muss entscheiden, wie es wahrgenommen werden möchte.

Gefühle entscheiden mit
Mit einem emotionslos gestalteten Geschäftsbericht werden Chancen vertan. Denn ein Unternehmen lässt sich nie in Zahlen allein ausdrücken. Weder können Bilanz und Erfolgsrechnung das Betriebsklima messen noch die Arbeitsethik oder die Nachhaltigkeit von Entscheiden. Solche Themen werden in aussagekräftigen Berichten erstens separat diskutiert, und zweitens muss die Firma ihre Markenführung mit guten Bildern unterstützen. Via Bilder Emotionen zu transportieren, ist noch aus einem zweiten Grund wichtig: Kunden und Investoren treffen ihr Entscheide nie ausschliesslich rational – diese Vorstellung gehört ins Reich der Legenden.

Wichtig: keine Hektik
Was also ist zu beachten, wenn man – wie die Air New Zealand – im Geschäftsbericht mit attraktiven Fotos glänzen will? Erstens: Der Fotograf muss mitreden können. Zweitens: Die Leute, die fotografiert werden, müssen sich für das Shooting aus dem Tagesgeschäft ausklinken. Hektik liefert selten brauchbare Ergebnisse. Hier besteht oft ein Missverhältnis: Am Text wird wochenlang gefeilt, doch das Bild der Geschäftsleitung muss rasch in einer Sitzungspause aufgenommen werden. Übrigens: Die Art der Inszenierung bei der Air New Zealand hat nicht primär mit der Branche oder mit der Kultur des Landes zu tun, sondern mit Professionalität: Man kann jede Branche unterhaltsam inszenieren. Vorausgesetzt, man hat ein Bildkonzept, einen guten Fotografen und genügend Zeit.

Dieser Beitrag ist von der Air New Zealand genehmigt.

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